Die «Millersche Zahl» beschreibt die sehr beschränkte Kapazität des menschlichen Kurzzeitgedächtnisses. Diese ist biologisch determiniert und kann auch durch Training kaum gesteigert werden. Die meisten Menschen sind demnach in der Lage, nach einen kurzen Sehen oder Hören etwa 7 Informationseinheiten eine kurze Zeit in ihrem Gedächtnis zu behalten. Ein Kurzzeitgedächtnis, welches 8 Objekte speichern kann, wäre bereits überdurchschnittlich. Bei Menschen mit kognitiven Behinderungen ist vor allem das Kurzzeitgedächtnis betroffen – sie können sich selten mehr als 4 Objekte merken.

Ursprung

Populär wurde diese Erkenntnis durch die Arbeit des Psychologen George A. Miller, der seine Untersuchungen 1956 in dem viel zitierten Artikel «The Magical Number Seven: Limits on Our Capacity for Processing Information» veröffentlichte. Diese Veröffentlichung im «Psychological Review» gilt als Meilenstein der kognitiven Psychologie.

Tatsächlich war es aber John Locke, der vor über 300 Jahren das so genannte «Sieben-Phänomen» entdeckte, als er die Auffassungsgabe von Erwachsenen untersuchte. Er stellte fest, dass Testpersonen, die für kurze Zeit eine grössere Anzahl von Objekten sahen und sich anschliessend an diese erinnern sollten, bei bis zu 7 Objekten eine Trefferquote von fast 100 % hatten. Bei mehr als 7 Objekten fiel die Trefferquote schlagartig ab.

Miller ging in seinen Studien sehr in die Tiefe und zeigte in verschiedenen Experimenten, dass diese Kapazitätsgrenze bei allen kognitiven Aufgaben auftritt und fast überall bei etwa 7 Elementen liegt. Miller bemerkte augenzwinkernd, er werde geradezu „von der Sieben verfolgt“ - immer wieder tauche in seinen Daten die Sieben (mal etwas mehr, mal etwas weniger) als Grenze auf.

So hörten die Versuchspersonen unterschiedlich hohe Töne, die sie in Kategorien einordnen sollten. Miller fand heraus, dass Menschen nur etwa sieben verschiedene Abstufungen auf einer eindimensionalen Skala sicher unterscheiden können - bei mehr Kategorien nahm die Unterscheidungsfähigkeit drastisch ab.

Ähnlich verhielt es sich mit dem so genannten «Span of Attention», also der Anzahl von Objekten, die man mit einem kurzen Blick gleichzeitig erfassen kann (man spricht hier auch von Simultanerfasung bzw. Subitizing, dem spontanen Erfassen kleiner Mengen). So können etwa 6-7 Punkte auf einer Fläche sofort erkannt werden, grössere Anzahlen müssen gezählt oder geschätzt werden.

Auch bei der Gedächtnisspanne (Span of Immediate Memory) zeigte sich, dass sich die Probanden im Schnitt etwa 7 Elemente (zum Beispiel Zahlen oder Buchstaben in der richtigen Reihenfolge) merken und fehlerfrei wiedergeben können.

Die Untersuchungen von Miller zeigen, dass fast alle Testpersonen in der Lage sind, 5 Informationseinheiten, die sie für kurze Zeit gesehen haben, fehlerfrei wiederzugeben. Wie die Grafik desweiteren zeigt, fällt die Erinnerungsleistung bei mehr als 7 dargebotenen Informationseinheiten relativ abrupt ab.

Die Untersuchungen von Miller zeigen, dass fast alle Testpersonen in der Lage sind, 5 Informationseinheiten, die sie für kurze Zeit gesehen haben, fehlerfrei wiederzugeben. Wie die Grafik zeigt, fällt die Erinnerungsleistung bei mehr als 7 dargebotenen Informationseinheiten relativ abrupt ab.

Kritik

Kritiker weisen darauf hin, dass Menschen durch Chunking und Mnemotechniken deutlich mehr Informationen kurzfristig behalten können. Das ist durchaus richtig, aber diese Verbesserungen sind fast immer auf die Ausnutzung des Langzeitgedächtnisses und Merkhilfen zurückzuführen und nicht auf eine tatsächliche Erhöhung der Kapazität des Kurzzeitgedächtnisses. Mit anderen Worten, wir „überlisten“ die 7±2-Grenze durch die Bildung von Chunks, was wiederum zeigt, wie wichtig Chunks für die Strukturierung von Informationen sind.

Zudem ist eine absolute Fokussierung auf die Anzahl 7 als Phänomen zweifelhaft. Schon Miller zeigte auf, das je länger die Chunks waren, desto niedriger wurde die Anzahl korrekter Reproduktionen. Die 7±2 gilt bei einzelnen Zahlen oder Buchstaben. Die Anzahl der wiedererkannten Informationen ist also abhängig von der Art und vor allem Länge der Chunks. Nach Baddeleys Arbeitsgedächtnismodell, ist das Arbeitsgedächtnis nicht nach der Anzahl begrenzt, sondern nach der Zeitspanne. Alle Chunks, die in zwei Sekunden sprechbar sind, können vollständig verarbeitet werden. In der weiteren Forschung von Baddeley konnte gezeigt werden, dass zusammengehörige Chunks leichter gemerkt werden können. So können im Experiment auch Sätze mit 15 Wörtern und mehr jeweils exakt wiedergegeben werden. Auf der anderen Seite zeigt sich, dass eine untere Grenze schon durch Simultanerfassung von 4 bis 5 Chunks belegt ist.

Praktische Anwendung im UX- und UI-Design

Insbesondere in Verbindung mit dem Hick'schen Gesetz, wonach zu viele Auswahlmöglichkeiten die Entscheidungsprozesse verlangsamen, wird deutlich, dass Menüs nie mehr als 6-8 Einträge pro Gliederungsebene enthalten sollten. So sollten auch keine Gruppen von Informationen aus mehr als 7 Einzelelementen bestehen. Das wäre im Bereich «Chunking» sehr wichtig zu beachten.

Grössere Gruppen sollten unbedingt «ge-chunkt» werden, also in logische Untergruppen strukturiert werden. Siehe dazu die beiden folgenden Abbildungen.

Diese Grafik zeigt, wie das Gruppieren einzelner Informationseinheiten in sinnvolle Chunks die typische Kapazitätsgrenze von ca. 7 Items effektiv erweitert – ein zentraler Mechanismus, um mehr Informationen kurzfristig zu speichern.

Diese Grafik zeigt, wie das Gruppieren einzelner Informationseinheiten in sinnvolle Chunks die typische Kapazitätsgrenze von ca. 7 Items effektiv erweitert – ein zentraler Mechanismus, um mehr Informationen kurzfristig zu speichern.

 

Die Darstellung zeigt, dass «verwandte» Elemente zusammengefasst und als eine Einheit dargestellt werden sollten. Zur Unterstützung sollten sie visuell abgegrenzt sein und ggf. auch sich optisch unterscheiden. Nach Baddeley wird durch die leichtere Aneignung (unterscheidbare Auffälligkeiten, wiedererkennbare Muster) die Aufnahmezeit verkürzt und dadurch die Reproduktionsfähigkeit erhöht.

Die Darstellung zeigt, dass «verwandte» Elemente zusammengefasst und als eine Einheit dargestellt werden sollten. Zur Unterstützung sollten sie visuell abgegrenzt sein und ggf. auch sich optisch unterscheiden. Nach Baddeley wird durch die leichtere Aneignung (unterscheidbare Auffälligkeiten, wiedererkennbare Muster) die Aufnahmezeit verkürzt und dadurch die Reproduktionsfähigkeit erhöht.

 

Einfluss auf die User Experience

stark

Weiterführende Informationen