Die selektive Aufmerksamkeit beschreibt die Fähigkeit des menschlichen Gehirns, sich gezielt auf bestimmte Reize zu konzentrieren, während andere Informationen ausgeblendet werden. Da wir ständig mit einer Flut sensorischer Eindrücke konfrontiert sind, filtert unser Gehirn irrelevante Informationen heraus. So schützt es uns vor einer Informationsüberflutung und ermöglicht eine fokussierte Wahrnehmung. Sie kann aber auch dazu führen, dass wir wichtige Informationen übersehen.

Ein bekanntes Experiment zur selektiven Aufmerksamkeit ist das Gorilla-Experiment von Simons & Chabris (1999), in welchem eine Person im Gorillakostüm durch ein Basketballspiel lief. Etwa die Hälfte der Zuschauer:Innen nahm den Gorilla nicht wahr. Woran lag das? Die selektive Aufmerksamkeit der Zuschauer:Innen war in dem Moment auf etwas anderes gerichtet. Menschen übersehen selbst auffälligste Dinge, wenn ihre Aufmerksamkeit stark auf eine bestimmte Aufgabe gelenkt ist.

Autisten nehmen oft mehr Details gleichzeitig wahr als neurotypische Menschen und haben Schwierigkeiten, irrelevante Reize auszublenden; ihre selektive Aufmerksamkeit ist oft eingeschränkt.

Ursprung

  • Broadbent, D. (1958). Perception and Communication. Pergamon Press.
  • Simons, D. J., & Chabris, C. F. (1999). Gorillas in our midst: Sustained inattentional blindness for dynamic events. Perception, 28(9), 1059–1074.

Praktische Anwendung im UX- und UI-Design

Ein Beispiel für das Phänomen der selektiven Aufmerksamkeit ist die so genannte «Banner-Blindness». Bei dieser Form der selektiven Aufmerksamkeit ignorieren Website-Besucher alle bannerähnlichen Inhalte. Wenn uns Bannerwerbung nervt oder irrelevant erscheint, hat unsere kognitive Verarbeitung gelernt, wie Banner typischerweise aussehen und wo sie platziert sind - unser Unterbewusstsein ist daher in der Lage, sie selbstständig für uns auszublenden.

Deshalb sollten wichtige Inhalte nicht das Aussehen von Anzeigen imitieren. Ebenso ist es ratsam, relevante Informationen und Werbung optisch klar voneinander zu trennen, um sicherzustellen, dass wichtige Inhalte nicht übersehen werden.

Strategien zur Nutzung der selektiven Aufmerksamkeit im UX/UI-Design:

  • Visuelle Hierarchie optimieren: Durch größere, kontrastreichere oder auffällig platzierte Elemente kann die Aufmerksamkeit gezielt gelenkt werden.
  • Ablenkungen reduzieren: Zu viele konkurrierende Informationen auf einer Seite führen dazu, dass Nutzer den Fokus verlieren. Ein minimalistisches Design verbessert die Wahrnehmung relevanter Inhalte.
  • Hervorhebung durch Bewegung oder Farbe: Animationen oder Farbkontraste können helfen, bestimmte UI-Elemente (z. B. Call-to-Action-Buttons) in den Vordergrund zu rücken.
  • Progressive Disclosure nutzen: Statt alle Informationen gleichzeitig zu präsentieren, sollten Inhalte je nach Nutzerinteraktion schrittweise eingeblendet werden, um Überforderung zu vermeiden.

Einfluss auf die User Experience

stark

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