Der serielle Positionseffekt besteht im Prinzip aus zwei einzelnen Effekten und beschreibt, dass Menschen sich insbesondere an die ersten (Primacy Effect) und letzten (Recency Effect) Elemente einer Liste oder Abfolge erinnern, während Elemente in der Mitte oft weniger beachtet und schlechter in Erinnerung behalten werden.
Ursprung
Diese Regel geht auf den deutschen Psychologen Hermann Ebbinghaus zurück, der sie 1885 erstmals in seinen Studien «Über das Gedächtnis» beschrieb; andere Forschende wie Bennet Murdock (1962) haben sie später weiter vertieft.
- Ebbinghaus, H. (1885). Über das Gedächtnis.
- Murdock, B. B. (1962). The serial position effect of free recall.
Der «Serielle Positionseffekt» wurde in experimentellen Studien nachgewiesen. Probanden sollten sich Wortlisten einprägen und diese anschliessend so gut wie möglich wiedergeben. Je länger der Abstand zwischen dem Einprägen und der Wiedergabe war, desto schwächer wurde der Recency Effekt, so dass man annimmt, dass das Recency Effekt vor allem das Arbeitsgedächtnis betrifft. Der Recency Effekt war bei auditiv vorgetragenen Wortlisten übrigens um ein vielfaches stärker ausgeprägt als bei visuellen Wortlisten. *1
Praktische Anwendung im UX- und UI-Design
Bei der Gestaltung digitaler Interfaces sollten wichtige Informationen bevorzugt an den Anfang oder das Ende von Listen, Menüs oder Seiten platziert werden, um ihre Aufmerksamkeit zu erhöhen und bessere Merkquoten zu erzielen. So können beispielsweise die wichtigsten Ziele einer Website an die erste und letzte Stelle in einer Navigationsleiste gesetzt werden, damit Nutzerinnen und Nutzer sie stärker wahrnehmen und sich eher an sie erinnern.
Zugleich empfiehlt es sich, den mittleren Bereich einer Auflistung nicht zu überfrachten – siehe dazu auch: Hick'sches Gesetz und Millersche Zahl). Eine kluge Segmentierung (Chunking) langer Informationslisten kann helfen, den Effekt zu umgehen und Nutzerinnen und Nutzern eine gleichbleibend hohe Informationsverarbeitung zu ermöglichen. Manchmal kann es auch sinnvoll sein, bewusst von der Regel abzuweichen – etwa wenn die chronologische Reihenfolge zwingend einzuhalten ist.
Ein praktisches Beispiel wäre der strukturelle Aufbau einer Produktdetailseite, bei der die wichtigsten Vorteile des Produktes direkt zu Beginn und am Ende des Seite aufgezeigt werden sollten, damit sie sich bei Nutzerinnen und Nutzern stark im Gedächtnis verankern können.
Einfluss auf die User Experience
starkWeiterführende Informationen
- *1 - Deutsch: Serielle Positionskurve - Lexikon der Psychologie - dorsch.hogrefe.com
- *1 - English: Serial position effects in free memory recall — An ERP-study - www.sciencedirect.com
- The Serial Position Effect, explained (English) - thedecisionlab.com
- Serieller Positionseffekt (Deutsch) - digitly.de