Eines der grundlegendsten Prinzipien in der Kommunikation ist das Prinzip des «Storytelling», das so banal wie genial ist, denn Geschichten faszinieren uns seit Jahrtausenden und eignen sich hervorragend, um um komplexe Sachverhalte anschaulich und verständlich zu vermitteln.

Als Jesus von Nazareth vor über 2000 Jahren gefragt wurde, was er eigentlich mit dem von ihm erwähnten Begriff «Nächstenliebe» meine, antwortete er nicht mit einer abstrakten Definition, sondern nutzte das Prinzip des Storytellings. Er erzählte eine fiktive Geschichte von einem hilfsbereiten Samariter, die bis heute Millionen von Menschen kennen und mit dem Prinzip der Nächstenliebe verbinden – mehr als jede philosophische Definition, die später von anderen formuliert wurde.

Storytelling bedeutet daher nichts anderes, als Informationen in Form einer Geschichte zu vermitteln. Es kann im Wissensmanagement, im Journalismus, aber auch zu PR- oder Werbezwecken eingesetzt werden.

Die Geschichte als Ausdrucksform soll ermöglichen, dass komplexe Informationen möglichst gut aufgenommen und langfristig im Gedächtnis verankert werden. Auf diese Weise können wir uns trockene Fakten viel besser merken. Studien1 zeigen, dass Geschichten die neuronale Aktivität stärker steigern als jede andere Form der Kommunikation.

Storytelling eignet sich daher, um komplexe Ideen verständlich zu machen, emotionale Verbindungen herzustellen und das Interesse des Publikums zu wecken.

Obwohl es eine Vielzahl von HowTos zum Thema Storytelling gibt, sind es mindestens drei Elemente, die den Kern jeder erfolgreichen Geschichte ausmachen:

  • Ein oder mehrere Protagonisten
  • ein Ereignis oder ein Problem
  • die Bewältigung oder das Scheitern

Ursprung

Storytelling hat seine Wurzeln in den mündlichen Überlieferungen und Geschichten alter Kulturen und hat sich im Laufe der Zeit zu einer anerkannten Kunstform und Kommunikationsmethode entwickelt. Die moderne Anwendung des Storytelling in verschiedenen Disziplinen wurde maßgeblich von Theoretikern wie Joseph Campbell, der das Konzept der «Heldenreise» populär machte, und Walter Fisher, der die Theorie des «Narrative Paradigm» entwickelte, geprägt.

  • Campbell, J. (1949). The Hero with a Thousand Faces
  • Fisher, W. R. (1984). Narration as a Human Communication Paradigm: The Case of Public Moral Argument

Praktische Anwendung im UX- und UI-Design

Einer der wichtigsten Tipps beim Storytelling lautet «Show, don't tell». Deshalb eignen sich Videoclips besonders gut für ein wirkungsvolles Storytelling. Ein Beispiel: 2013 sahen innerhalb von fünf Tagen mehr als vier Millionen Menschen den Google-Werbespot «Reunion». In der berührenden Geschichte trafen sich zwei Jugendfreunde dank Google Search wieder, die sich seit der Trennung Indiens 1947 nicht mehr gesehen hatten.

 

Storytelling kann auch im UX- und UI-Design eingesetzt werden, um kohärente und ansprechende Nutzererlebnisse zu schaffen. Durch die Integration narrativer Elemente können Designer den Benutzer durch eine nachvollziehbare und emotionale Reise führen, die das Verständnis und die Interaktion mit der Anwendung verbessert.

Auch eine User Journey, also der Weg des Nutzers von der ersten Interaktion bis zur Zielerreichung, kann mit Storytelling-Elementen versehen werden. Storytelling kann helfen, Funktionen und Nutzen eines Produkts in einem für den Nutzer relevanten und nachvollziehbaren Handlungszusammenhang darzustellen. Diese narrativen Informationen werden dadurch wesentlich besser aufgenommen und langfristig in Erinnerung behalten.

Die Herausforderung besteht jedoch darin, ein Gleichgewicht zwischen narrativen und funktionalen Elementen zu finden. Zu viel Storytelling kann die Benutzeroberfläche überladen und die Nutzer verwirren, während zu wenig Storytelling die zu vermittelnden Inhalte langweilig erscheinen lässt.

Ein praktisches Beispiel für den Einsatz von Storytelling im UX Design wäre beispielsweise das Thema «Onboarding». In einem Video könnte gezeigt werden, wie sich ein Nutzer in eine App registriert und diese anschliessend effizient nutzt, um ein konkretes Problem zu lösen. Ein solches Video würde wahrscheinlich mehr bewirken als viele Zeilen Text in einem Handbuch und die Einstiegshürde deutlich senken. Darüber hinaus verstärkt eine sympathisch dargestellte Geschichte langfristig die Nutzerbindung

Einfluss auf die User Experience

stark

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