Simultanerfassung, auch Subitizing genannt, beschreibt die Fähigkeit des menschlichen Gehirns, die Anzahl von Objekten unmittelbar zu erfassen, ohne sie aktiv zählen zu müssen. Dieser Prozess läuft automatisch ab und dauert weniger als 250 Millisekunden.

Typischerweise gelingt dies bei etwa vier bis sechs Objekten - die maximale Anzahl hängt stark von der Anordnung ab. Unter optimalen Bedingungen und wenn unsere Wahrnehmung in der Lage ist, einfache Teilmengen durch ein sogenanntes Chunking zu identifizieren (z.B. drei gleiche Gruppen), kann auch die Anzahl einer Gruppe von 9 Elementen ohne Zählen erfasst werden. Bei grösseren Mengen wird Zählen erforderlich, was kognitive Ressourcen beansprucht und länger dauert.

 

Dieses Bild zeigt eindrücklich die Wirkung von Gestaltung auf den Wahrnehmungsprozess.

Die meisten Menschen erkennen auf Anhieb, dass es sich bei der rechten Anordnung um 9 Objekte handelt. Sie müssen dabei nicht zählen. Bei der linken Anordnung sind es nur 8 Objekte. Jedoch müssen die meisten Menschen hier «zählen». Dieses Beispiel zeigt eindrücklich die Wirkung von «Gestaltung» auf den Wahrnehmungsprozess.

 

Ursprung

Diese kognitive Fähigkeit wurde in Experimenten von Kaufman et al. (1949) und Trick & Pylyshyn (1994) untersucht, die zeigten, dass Menschen kleine Mengen visueller Elemente sofort erkennen können, ohne diese einzeln zählen zu müssen.

  • Kaufman, E. L., Lord, M. W., Reese, T. W., & Volkmann, J. (1949). The Discrimination of Visual Number. *The American Journal of Psychology*, 62(4), 498–525.
  • Trick, L. M., & Pylyshyn, Z. W. (1994). Why are small and large numbers enumerated differently? A limited-capacity preattentive stage in vision. *Psychological Review*, 101(1), 80–102.

Praktische Anwendung im UX- und UI-Design

Die Simultanerfassung ist besonders im UX- und UI-Design relevant, da Nutzer schneller visuelle Informationen aufnehmen, wenn die Anzahl der Elemente begrenzt ist. Designerinnen und Designer sollten wichtige Elemente in Gruppen von vier bis sechs Objekten anordnen, da diese Mengen ohne bewusstes Zählen schnell erfasst werden können (siehe dazu auch: Millersche Zahl). Dies reduziert die kognitive Belastung und ermöglicht es Nutzenden, sich sofort auf relevante Informationen zu konzentrieren.

Durch den gezielten Einsatz klarer, übersichtlicher Strukturen oder einem Chunking kann die Anzahl deutlich erhöht werden (siehe Abbildung oben). Das Beispiel zeigt auch, wie sehr Ordnung und Gliederung die kognitive Informationsverarbeitung unterstützen. Bündigkeit, Rhythmus und Leerräume (Abstände) spielen dabei eine wesentliche Rolle.

An dieser Stelle sei daher auch auf die Gestaltgesetze verwiesen, welche die wichtigsten Gestaltprinzipien im Wahrnehmungsprozess beschreiben.

Einfluss auf die User Experience

erheblich

Weiterführende Informationen